Stärkere Umwälzung im Pazifik während der Eiszeit

Der Unterwasser-Roboter JASON im Einsatz. Foto: Eleni Anagnostou
Der Unterwasser-Roboter JASON im Einsatz. Foto: Eleni Anagnostou

Korallendaten weisen auf veränderte Zirkulation der Meeresströmungen hin – Ergebnis wichtig für Klimamodelle

Oldenburg. Die Tasmansee zwischen Australien und Neuseeland ist eine wichtige, aber bislang vernachlässigte Komponente im globalen Förderband der Meeresströmungen. Eine neue Studie liefert nun Hinweise darauf, dass das Randmeer im Südpazifik auch während der letzten Eiszeit eine bedeutende Rolle beim Austausch der Wassermassen zwischen den großen Ozeanbecken spielte. Die Ergebnisse können dazu beitragen, Klimamodelle zu verfeinern und das Verständnis der Ozeanzirkulation und der Kohlenstoffspeicherung im Meer zu verbessern, schreibt ein internationales Team um den Geowissenschaftler Dr. Torben Struve von der Universität Oldenburg jetzt in der Zeitschrift Nature Communications.

Für die Studie untersuchte das Team 62 fossile Exemplare der Steinkoralle Desmophyllum dianthus, die der Unterwasserroboter JASON bei einer Forschungsreise südlich von Tasmanien zwischen 1.400 und 1.700 Metern Tiefe gesammelt hatte. Datierungen zufolge hatten die Tiere vor etwa 10.000 bis 70.000 Jahren gelebt, einem Zeitraum, der Höhepunkt und Ende der letzten Eiszeit umfasst. „Die Korallen wachsen in Gebieten, in denen starke Strömungen und Turbulenzen auftreten und sich kein Sediment absetzt“, erläutert Struve, der am Institut für Chemie und Biologie des Meeres in der Arbeitsgruppe Marine Isotopengeochemie forscht. Weil die Skelette der sesshaften Tiere den chemischen Fingerabdruck des umgebenden Meerwassers aufnehmen, können die Forschenden durch aufwändige Analysen herausfinden, wie der Ozean zu Lebzeiten der Korallen in der entsprechenden Wassertiefe chemisch zusammengesetzt war. So erhalten sie Hinweise darauf, welche Wassermassen damals durch die Tasmansee strömten. „Diese Kaltwasser-Korallen sind ein besonders gutes Archiv, um die chemische Zusammensetzung tieferer Meeresströmungen in der Vergangenheit zu untersuchen“, sagt Struve.

Konkret untersuchten die Forschenden das Verhältnis verschiedener Varianten des Elements Neodym, die teils durch radioaktiven Zerfall entstehen und als radiogene Isotope bezeichnet werden. Das Ergebnis der Analyse: Durch die Tiefen der Tasmansee strömte während der Eiszeit Wasser aus dem Pazifik. Erkennbar war dies an einem relativ hohen Gehalt an radiogenem Neodym. Die Untersuchungen zeigten zudem, dass dieses Wasser aus dem Pazifik im Vergleich mit anderen Wassermassen im gleichen Tiefenbereich relativ kurz zuvor noch Kontakt zur Oberfläche gehabt hatte, es war also relativ „jung“. Wie das Team schreibt, stützen die Daten ein Szenario, demzufolge der obere Teil des Pazifiks während der Eiszeit stärker durchmischt war als heute – während gleichzeitig die tiefsten Schichten stärker isoliert von der Atmosphäre waren, was zur langfristigen Speicherung von Kohlendioxid und dem kühleren Eiszeit-Klima beitrug.

Die eiszeitliche Zirkulation könnte der neuen Studie zufolge etwa so ausgesehen haben: Im Nordpazifik sank Oberflächenwasser bis in etwa 2.000 Meter Tiefe und drang anschließend weit nach Süden vor. Nachdem dieses Wasser um die Südspitze der zu Australien gehörenden Insel Tasmanien geströmt war, floss es womöglich weiter in den Indischen Ozean, wo es zum weltumspannenden „Förderband“ der Meeresströmungen gestoßen sein und dieses verstärkt haben könnte. Das Förderband ist wichtig für die Verteilung von Wärme zwischen den verschiedenen Meeresbecken: Der warme Nordatlantikstrom ist etwa für das vergleichsweise milde Klima in Nordwesteuropa verantwortlich. Vom Nordatlantik reicht die Zirkulation über das antarktische Zirkumpolarmeer und den Indischen Ozean bis in den nördlichen Pazifik – und wieder zurück. Im heutigen System ist das Wasser im Nordpazifik am ältesten, der Kontakt mit der Oberfläche liegt also besonders lange zurück.

Bis vor kurzem gingen Expertinnen und Experten davon aus, dass der Rückfluss dieses Förderbandes in den Indischen Ozean vor allem durch eine relativ flache Meeresstraße nördlich von Australien erfolgt. Neuere Studien deuten jedoch darauf hin, dass auch der Abfluss pazifischen Wassers durch die Tasmansee erheblich zu der globalen Zirkulation beiträgt – freilich in geringeren Tiefen als während der Eiszeit. Möglicherweise stammt bis zur Hälfte des Wassers, das innerhalb des globalen Förderbandes heute im Atlantik nach Norden strömt, ursprünglich aus dem Gebiet südlich von Australien. „Unsere Studie trägt dazu bei, die Dynamik dieses globalen Kreislaufs unter sich ändernden klimatischen Bedingungen besser zu verstehen“, sagt Struve. Nun sei klar, dass zwischen der Strömung in der Tasmansee und der Zirkulation im Pazifik während der Eiszeit eine enge Verbindung bestanden habe.

Originalveröffentlichung: Torben Struve et al.: “A deep Tasman outflow of Pacific waters during the last glacial period”, Nature Communications 13, 3763 (2022). doi.org/10.1038/s41467-022-31116-7  

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